Farbklekse im Winter           

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 Alle habe ich sie eingeladen,

der Tisch ist reichlich für sie gedeckt -

für sie ist es schwer in diesen Tagen,

der Winter hat das Futter versteckt.

In Scharen kommen sie geflogen,

von Ost und Süd, von Nord und West -

die Tischsitten sind recht ungezogen,

jeder will hier sein „All of the Best“!

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Die gelben Lätzchen bei den Meisen,

blitzen wie stroposkopisches Licht -

Braunkehlchen farblich sich andere leisten,

und Elstern benötigen so etwas nicht.

Sie haben dafür Lichter entzündet,

an ihren weiten Vogelschwingen -

die Amsel im strengen Graubraun verkündet,

man darf an der Tafel sogar singen.

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Es ist ein Gedränge vor meinem Fenster,

so mancher Landeanflug mißglückt -

dann flattern sie auf, die kleinen Gespenster,

und schimpfen lauthals wie verrückt.

Die Rüpel navigieren beim zweiten Mal,

sehr vorsichtig, bevor sie sich setzen -

sich beteiligen am gemeinsamen Mahl,

ohne die anderen zu verletzen.

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Ebereschen hab´ ich gesammelt,

Hagebutten getrocknet für sie -

Nüsse gelesen, bevor sie vergammelt,

in der ignoranten Gartenkolonie.

Aus Drahtgeflecht einen Köcher gekauft,

mit feinen Sitzstangen rundrum -

daß Dächlein wird als Deckel gebraucht,

jetzt hüpfen sie alle glücklich herum.

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Hafer und Getreide habe ich geschrotet,

aus Schweinsflomen Schmalz ausgelassen -

einen alten Eimer ausgemottet,

und alles darin fallen gelassen.

Ein gutes Fettfutter ist das geworden,

ohne das giftige Stearin -

was man sonst hat in vielen Sorten,

von fertigen Meisenknödel darin.

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Sie sind mein Trost in den dunklen Tagen,

und eifrig picken sie auch bei Nacht -

viel wichtiges haben sie sich zu sagen,

das Zuhören mir reine Freude macht.

Ein Zirpen ist das und lautes Rattern,

wenn sie picken am Köcher herum -

und der Elster´s lautes Knattern,

bringt keine Ruhe, sie werden nicht stumm!

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Verwaist hängen die gekauften Knödel,

an dem Balkon der Nachbarin -

Feinschmecker sind doch auch die Vögel,

sie spüren doch, wo die Liebe ist drin!

Sie entlocken mir manches Lächeln,

häufig sogar ein lautes Lachen -

wie stürmisch sie sich doch dort necken,

sich streiten um die leckeren Sachen!

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       (Elisabeth Rosing)