Stilles Sterben

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Seit vier Jahren seh´ich sie vierzehn-tägig,

die stolze Kiefer, drei Meter hoch -

sie schien so stark und nicht anfällig,

es ist offensichtlich, sie kränkelt nun doch!

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Die blaugrüne Farbe hat sie geadelt,

Jahre hindurch war sie wunderschön -

hat nun häßlich gelbe Stellen und nadelt,

wie konnte das denn nur geschehen?

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Fein geschwungen wie dichte Wimpern,

anmutig und schön war sie geschmückt -

Sommers und Winters sah ich sie zwinkern,

die Silhouette war phantastisch geglückt.

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Für die Vögel sie eine Herberge war,

Eichkätzchen sie häufig umturnten -

ein Häher besuchte sie manchmal sogar,

und nun hat sie kahle und tiefe Schrunden.

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Wie leuchteten ihre frischen Triebe,

dann roch sie unglaublich verführerisch -

im Frühjahr, das ich doch so sehr liebe,

sie sah blank geputzt aus, richtig frisch!

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Später hingen die kleinen Zapfen,

gefällig geordnet in ihrem Gezweig -

wie die himmlischen Zuckerkrapfen,

zur Ernte für die Tiere bereit.

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Nun hängen müde ihre Äste,

die Wurzeln sich halten mit Müh´und Not -

dieses Jahr ist für sie das Letzte,

ein letzter Gruß, dann ist sie tot.

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         (Elisabeth Rosing)