Dunkler Engel

*

Oft schon bin ich dir begegnet,

hörte deine Flügel rauschen -

häufig habe ich gebetet,

ich müßte dir nicht mehr lauschen.

Doch je länger die Zeit verstreicht,

zwischen den Welten gefangen -

hast du dein Ziel fast erreicht,

stärker wird mein Verlangen.

*

Dein Lockruf ist so bittersüß,

wie versetzt er mich in Staunen -

eine Fontäne sich ergießt,

aus weichen, zarten Daunen.

Du stehst da mit offener Hand,

lächelst mir zärtlich zu und zeigst -

ein gefährlich schönes Land,

während du dich vor mir verneigst.

*

Überall sehe ich dich steh´n,

auf meinen einsamen Wegen -

ich weiß, ich sollte mit dir geh´n,

der Wunsch will sich in mir regen.

Doch etwas hält mich noch zurück,

ein Lichtblick in meinem Leben -

glaube noch immer an das Glück,

kann es das für mich noch geben?

*

Du hast Geduld und Verständnis,

irgendwann bin ich soweit -

mit dir zu schließen das Bündnis,

zu folgen in die Ewigkeit.

Schon oft hast du mich geladen,

mit zu kommen in deine Welt -

ein wenig kannst du noch warten,

bis der Zeiger die Stunden zählt.

*

Beharrlich und so betörend,

begleitest du mich immerfort -

die Sehnsucht brennt verzehrend,

und farbig wird der dunkle Ort.

Beschreite die sieben Brücken,

dort drüben finde ich Ruh´-

du empfängst mich mit Entzücken,

deckst mich mit deinem Mantel zu.

*

(Elisabeth Rosing)

*