Sinnsuche

*

Wer hört mein heimliches Rufen,

wer sieht in mein wahres Gesicht -

studiert die Falten und Furchen,

und geht nicht zu schwer ins Gericht.

Entdeckst du dort das eig´ne Ich,

hast du schon sehr viel gesehen -

und dein Innerstes meldet sich,

den Weg gemeinsam zu gehen.

*

Es liegt Scheu in unseren Augen,

die Angst und der Kummer quälen -

Seelen wie verschreckte Tauben,

wollen ein Stück Leben stehlen.

Nie gab´s für uns ein kleines Glück,

immer nur für and´re leben -

unsägliche Trauer im Blick,

ein Scherbenhaufen daneben.

*

„VERTRAUEN“ zum Fremdwort mutiert,

„GEMEINSAM“ wurde gestrichen -

„ZUTRAUEN“ ist deaktiviert,

„EINSAMKEIT“ ist eingeschlichen.

Unser Motto heißt „VERGESSEN“,

die Wirklichkeit hat sich versteckt -

klammern wir uns ganz versessen,

an das Gestern, daß so erschreckt.

*

Silbern schimmern uns´re Haare,

und die Rücken sind gebogen -

schwer trägt man die Last der Jahre,

die Gedanken sind verzogen.

Lichtblicke gibt´s niemals mehr,

in dem schmalen Rest von Leben -

die Sehnsucht ist ein starkes Heer,

und so scharf sind ihre Degen.

*

Enttäuschung liegt auf uns´rem Weg,

den wir doch so lang beschritten -

so endlos fern der Hoffnungssteg,

Traurigkeit, sie kommt geritten.

War das alles, ist die Frage,

und sie geistert in den Köpfen -

wächst sich aus zur großen Plage,

will den Lebensmut erschöpfen.

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Erkennst du in diesen Zeilen,

auch nur ein kleines Stückchen Ich -

findest du den Weg zum heilen,

im Spiegelbild entdeckst du mich.

Wie wir beide tragen Menschen,

überall auf der großen Welt -

schwer an unerfüllten Wünschen,

Zufriedenheit gibt´s nicht für Geld.

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(Elisabeth Rosing)